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Port de Sóller in der Nachsaison

Schon im 19. Jahrhundert zog die spanische Insel Mallorca Reisende an. Künstler und Romanciers waren hingerissen: von der Kulturgeschichte, der Landschaft, dem Meer, der üppigen Vegetation, dem milden Klima, von Orten wie Valldemossa, Deià, Sóller, Alcúdia und Pollença, von der Halbinsel Formentor und der Hauptstadt Palma. Der Kunsthistoriker Marc Peschke besuchte im November 2023 Port de Sóller, er beschreibt für DeluxeMallorca.com seine Ausflüge von dort aus.

Ende Oktober hat sich ein langer Sommer in Deutschland bereits verabschiedet. Nach kurzem Direktflug nach Palma liegt Port de Sóller nur rund 35 Kilometer vom Flughafen entfernt im Nordwesten der Insel. Etwa 3.000 Menschen leben in der Hafenstadt.

Port der Sóller ist – wie der Name sagt – der Hafenort von Sóller, der nahegelegenen 11.000-Einwohner-Stadt. Noch heute ist man stolz auf die ruhmhafte Vergangenheit, vor allem auf die Abwehr nordafrikanischer Korsaren im 16. Jahrhundert, wovon der ehemalige Wehrturm Torre Picada zeugt, und auch das Meeresmuseum, das dem Schiffsbau sowie der maritimen Geschichte der Gegend gewidmet ist. Das Fest „Es Firó“ erinnert alljährlich am 11. Mai an die Landung von Piraten im Hafen. Seefahrt und Fischerei bestimmten über viele Generationen das Leben.

Ausflugstipps

Ein Wanderweg durch gepflegte Olivenhaine führt vorbei am Torre Picada in die Berge – mit großartiger Aussicht auf die Küste, den fingerförmigen Fels Penyal Bernat und die kleine Insel S’Illetas. In und um Sóller werden Oliven und Zitrusfrüchte angebaut. Der Puls des Ortes schlägt am Hafen, zu Bitter Kas und einem Glas Weißwein trifft man sich in der Bar La Payesa. Die Plaça Espanya ist selbst im frühlingshaft anmutenden Herbst gut besucht.

Eine Wanderung führt über den Leuchtturm am Cap Gros zum Refugi de Muleta, einer bewirtschafteten Herberge. Von hier aus kann man Richtung Deià starten mit Blick auf die Hafeneinfahrt von Port de Sóller und die umliegenden Berge, den Puig de L’Ofre und Es Teix. Tief unten ankern Jachten und Fischerboote vor der Strandpromenade. Das Meer hat im November oft noch über 20 Grad.

In der quirligen Altstadt von Sóller mit ihren verwinkelten Gassen ist ein café con leche auf der Plaça de la Constitucio ein Tipp. Die Westfassade der Kathedrale Sant Bartomeu ist kunsthistorisch interessant. 1904 wurde sie durch Joan Rubio i Bellver, einem Schüler Antonio Gaudís, gestaltet. Der katalanische Architekt schuf auch, direkt daneben, die Jugendstil-Fassade der Banco de Sóller. Es wird vermutet, dass er zudem das Herrenhaus Ca’n Prunera entworfen hatte, in dem heute das Jugendstilmuseum untergebracht ist. Werke von Pablo Picasso, Joan Miró, Edvard Munch, Juan Gris, René Magritte, Man Ray, Lucio Fontana, Meret Oppenheim, Wolf Vostell, A. R. Penck oder Rebecca Horn werden hier gezeigt. Andere Säle sind dem in Sóller geborenen Juli Ramis gewidmet, dem wohl bekanntesten Maler Mallorcas.

Im Gebäude des Bahnhofs von Sóller ist eine Ausstellung mit grafischen Arbeiten von Joan Miró untergebracht, dessen Großvater mütterlicherseits aus Sóller stammte, sowie eine ständige Ausstellung mit keramischen Arbeiten von Picasso, der mit Miró befreundet war. Es ist überraschend zu sehen, dass Picasso in seiner keramischen Kunst der Keramik-Tradition der Antike verbunden bleibt – auch der volkstümlichen Keramik seiner Heimat Spanien.

Viele der bestens markierten Wanderwege starten in Port de Sóller. Die lohnendsten Routen sind im aktuellen Rother-Wanderführer oder in der im Tourismusbüro gratis erhältlichen Wanderkarte verzeichnet, etwa die Wege entlang der Orangen-, Zitronen- und Olivenhaine nach Fornalutx. Das Bergdorf mit 700 Einwohnern zählt zu den schönsten Spaniens, die im Verband „Asociación Los pueblos más bonitos de España“ zusammengeschlossen sind.

Auch die kleine Gemeinde Biniaraix gehört zu Sóller, man erreicht sie über einen langen, steinigen Fernwanderweg (GR-221), der zum Kloster Lluc weiterführt.

Ebenfalls pittoresk und wie Fornalutx von Port de Sóller aus zu erreichen – im eigenen Wagen braucht man starke Nerven für die Serpentinen – ist das Bergdorf Valldemossa, in dessen Kloster Frédéric Chopin und seine Geliebte George Sand den Winter des Jahres 1838/39 verbrachten – als kurze Flucht vor der Pariser Gesellschaft. Chopins „Préludes op. 28“ entstand hier, während die Schriftstellerin „Ein Winter auf Mallorca“ verfasste. Ihr Buch beschreibt das Leben auf der Insel alles andere als enthusiastisch. Es wirft einen Blick zurück in eine Zeit, als Valldemossa noch kein Touristenmagnet war. Man wünschte, Madame Sand wäre im Sommer angereist, sie hätte sicher mehr Freude an ihrem Urlaub gehabt.

Etwa 1.500 Menschen leben in Valldemossa, mehr als eine Million Menschen besuchen den Ort heute pro Jahr – vor allem das im 14. Jahrhundert gegründete ehemaliges Kartäuserkloster, das sich überwiegend als Bauwerk des 18. Jahrhunderts präsentiert. Hier kann man die Räume besichtigen, die seinerzeit von Sand und Chopin bewohnt wurden. Auch dem Erzherzog Ludwig Salvator von Österreich-Toskana ist eine Ausstellung gewidmet. Sehenswert ist die „Fundació Cultural Coll Bardolet“, die an den 2007 in Valldemossa verstorbenen Maler Joseph Coll Bardolet erinnert, ein begabter Spätimpressionist, dessen Werk auf einer Etage ausgestellt wird.

Erzherzog Ludwig Salvator verabscheute den Wiener Hof, er war ein Forschungsreisender, der mit seinem Expeditionsschiff „Nixe“ und einer großen Reisegesellschaft das Mittelmeer bereiste, das ionische Meer, Sizilien oder auch die balearischen Inseln. Sein monumentales Werk „Die Balearen“ erschien 1869. Der etwas spleenige Ludwig Salvator, der ein inniges Verhältnis zu seiner Cousine, der Kaiserin Sisi pflegte, lebte seit 1867 auf Mallorca und erwarb einen Teil der Küste zwischen Valldemossa und Deià, er legte ein (Reit-)Wegenetz an, das bis heute erhalten blieb. Von seinen Miradores aus kann man die Landschaft entdecken. Sein einstiges Landhaus ist nicht mehr öffentlich zugänglich, „S’Estaca“ gehört heute Michael Douglas.

Ein Besuch des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Landgutes von Ludwig Salvator, Son Marroig, lohnt bei gutem Wetter. Das Anwesen liegt herrlich an der Klippe oberhalb der Halbinsel Sa Foradada. Der antik anmutende Rundtempel aus Carrara-Marmor aus dem späten 19. Jahrhundert ist heute als Kulisse für Hochzeiten beliebt.

Auf dem Rückweg ist ein Stopp in Deià unser Tipp. Ein beliebter Wanderweg führt durch einen Olivenhain hinab zur steinigen Cala Deià, im Sommer ist hier das urigste Fischrestaurant der Insel, „Sa Foradada“, geöffnet, das man auch per Schiff ansteuern kann, vorbei an dem malerischen Fels-Auge, das die Bucht berühmt machte.

 

 

Im Ortsteil S’Empeltada, nur wenige Fußminuten hinter Deiàs Ortszentrum, lebte der Dichter und Schriftsteller Robert Graves bis 1985. Sein Wohnsitz, die 1932 erbaute Finca Ca N‘Alluny – heute von einer Stiftung verwaltet – ist seit 2006 für Besucher zugänglich. In dem Künstlerhaus mit viel Sinn für Stil, ganz ohne Pomp, entstand Graves’ wichtigster Roman, „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“, der 1976 verfilmt wurde. Filmstars wie Ava Gardner, Alec Guinness und Peter Ustinov waren zu Gast auf Graves Finca, wo heute noch ein Porträt des Dichters hängt, das Mati Klarwein schuf. Der legendäre Hamburger Spät-Surrealist lebte bis 2002 in Deià, er gestaltete für Miles Davis und Carlos Santana Plattencover – weltbekannt wurde sein Artwork zu Davis’ „Bitches Brew“. Klarwein ist – neben dem italienischen documenta-4-Teilnehmer Domenico Gnoli – einer von vielen Künstlern und Künstlerinnen, die den Mythos Deiàs als Künstlerdorf schrieben. Ein spannendes Projekt des Düsseldorfers Klaus Wrede mit dem Titel „Deya Heydays – The history of an artists’ community“ sammelt derzeit Material zu diesem Mythos. Ein Buch soll entstehen. Eine Webseite gibt es schon: www.deyaheydays.com

Nach einer Wanderung kann man sich auf Mallorca meist auch im November noch im Meer abkühlen – zum Beispiel an der windgeschützten Playa Puerto de Sóller, an der Playa d’en Repic oder in der von zwei Felsen gerahmten Bucht Torrent de Pareis nahe Sa Calobra nördlich von Sóller. Herrlich: die Cala Tuent, eine Badebucht inmitten von Pinienwäldern. Die Bergzüge im Hinterland bieten Ruhe – vor allem im Herbst. Meer, Küste und Gebirge: Hier rückt alles zusammen. Seit den 1930er-Jahren blüht ein gepflegter Tourismus mit Tradition. Es gibt in Port de Sóller klassische Hotels wie das „Espléndido“, das „Es Port“ in einem alten Herrenhaus oder das ebenso traditionsreiche „Marina“. Glamour bietet das Jumeirah Port Soller, ein jüngeres Publikum findet im Bikini Sóller Raum zum Relaxen.

Ein weiterer lohnender Ausflug von Sóller aus führt zu dem historischen Herrenhaus Raixa mit Gärten, Springbrunnen und Wasserläufen. Es liegt nahe der Straße zwischen Bunyola und Palmanyola und ist in seinen Ursprüngen islamischer Herkunft. Das Landgut wurde kürzlich restauriert. Im Innern des Gutshauses befindet sich das Center Serra Tramuntana, das die von der UNESCO geschützte Gebirgslandschaft umfassend vorstellt.

Text: Marc Peschke, Kunsthistoriker, und Birgit Unger. Fotos: Marc Peschke.

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